Hintergrund der Leerstandsentwicklung
Gründerzeitliche Altbauquartier, Bsp. Neukölln
Viele Straßen in den Neuköllner Quartieren wirken heute wie ausgestorben, wenige Dienstleistungen und Einkäufe lassen sich noch im unmittelbaren Wohnumfeld erledigen.
Das war nicht immer so.
Um die Jahrhundertwende,
als die meisten Häuser in Neukölln erbaut wurden, war es üblich, in den Erdgeschosszonen kleine Ladenflächen einzurichten. Hier gingen Schuster, Bäcker und Schneider ihrem Handwerk nach und versorgten so die Bevölkerung. Diese lebendige Einzelhandelsstruktur, die seit den 70er Jahren durch die ersten Migranten multikulturell bereichert wurde, ging in den 80er und 90er Jahren zunehmend verloren. Der damals aufkommende Traum vom Eigenheim am Stadtrand sorgte u.a. für eine
Umstrukturierung des Einzelhandels.
Große Shoppingzentren schienen geeigneter, die täglichen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, Ladenketten wie Rossmann oder Edeka eroberten den Markt.Die kleinen Quartiersbetriebe verloren Kundschaft und mussten nicht selten schließen. Die dabei frei werdenden Flächen sind aufgrund ihrer geringen Größe und Lage für die heute den Markt beherrschenden Filialen selten attraktiv, sie fallen brach.
Durch sinkende Nachfrage nach diesen Flächen haben sich Eigentümer damit abgefunden, diese aus verschiedenen Gründen
leer stehen zu lassen
oder aus finanzieller Not an die erstbesten Nutzer zu vermieten, die nicht selten Bordelle, Spielhallen oder andere dubiose Gewerbe etablieren.
Für das Quartier und seine Bewohner bedeutet dies einen Verlust von Lebensqualität und Attraktivität. Die Eigentümer müssen damit eine langfristige Wertminderung der eigenen Immobilie durch Verfall und Mindernutzung in Kauf nehmen.
Ländlicher Raum
Dörfer oder auch kleine Städte im ländlichen Raum haben ebenfalls mit
strukturellen Problemen
zu kämpfen. Ganz allgemein zeichnen sich viele ländliche Räume heute vor allem durch mangelnde Perspektiven für Jugendliche aus. Viele Schulabgänger ziehen in die Städte, um dort eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen. Da die traditionelle Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung verliert, wächst die Arbeitslosigkeit. Die
Entleerung dieser strukturschwachen ländlichen Gebiete
schreitet voran, Höfe werden aufgegeben. Auch hier wird eine qualitative und quantitative Abwärtsspirale in Gang gesetzt, welche die Lebensqualität der übrigen Bewohner beeinträchtigt. Einzelhandel, Bildungseinrichtungen, soziale Dienste und Öffentlicher Nahverkehr werden sukzessive zurückgebaut oder eingestellt. Die Bewohner müssen
längere Fahrtwege
in Kauf nehmen, um sich zu versorgen. Kulturelle Förderung wird oft auf die - etwas größeren - kreisfreien Städte konzentriert, in den Dörfern oder kleineren Städten beruht kulturelles Leben auf ehrenamtlichen Engagement. Durch Leerstand und einseitige Gewerbestrukturen verlieren diese zusätzlich Lebendigkeit.
Die Potenziale des sozioökonomischen Wandels in eine positive Wertschöpfung für die Region umzusetzen muss hier das oberste Ziel sein.